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Gründung einer Kleinen Christlichen Gemeinschaft KCG im November 2016

Wie entstehen Kleine Christliche Gemeinschaften KCG? – Eine Geschichte, wie es gehen kann.

„Wir alle sind Leiter dieser KCG.“

Vor einigen Monaten hätte ich dies nicht zugelassen. Doch an diesem KCG Abend erschien mir diese Aussage, dass jede und jeder in dieser KCG in gleicher Weise Verantwortung übernimmt, wie das Reden des heiligen Geistes. Und so liess ich mich darauf ein und meinte: „Ok, schauen wir, wie sich das entwickelt.“

Schon der Start dieser KCG war eindrücklich. Im November 2016 versammelten sich 5 Leute aus diesem Quartier zusammen mit Pfarrer Martin Piller und mir als Verantwortliche für diese Gemeinschaften. Auslöser für diesen Start gab das starke Bedürfnis einer Teilnehmerin, mit anderen Menschen zusammen das Wort Gottes zu lesen, zu beten und Gemeinschaft zu erfahren. Durch die ständige Vernetzungsarbeit kannten wir einige in diesem Quartier und von den vielen kamen jetzt 4 dazu.

Die 4 Wachstumsmerkmale

Plan für diesen ersten Abend war, nach dem Bibelteilen die 4 Wachstumsmerkmale einer KCG vorzustellen und gemeinsam zu überlegen, ob das die Art von Zusammenkunft ist, die von den Menschen hier gelebt werden möchte.

Das Bibelteilen ging leicht. Einige kannten es bereits. Lokalität brauchten wir kaum zu erklären, da wir diese Erfahrung ja gerade konkret machten – wir trafen uns im Gemeinschaftsraum einer Siedlung – wo der Vorteil für alle spürbar war. Genauso die Christusmitte, die wir durch die Wortliturgie des Bibelteilens eröffneten. So blieben die Merkmale Einheit und Sendung. Unsere Freude wuchs, als wir uns nicht mehr zu Wort melden musste, da sie sich bereits in Überlegungen befanden, die eine konkrete Sendung von ihnen sein könnte. Da war eine junge, alleinerziehende Mutter aus Portugal mit uns. Erst seit zwei Jahren in der Schweiz, waren ihre Deutschkenntnisse schlecht. Ihre Tochter befand sich in der Erstkommunionvorbereitung und wir merkten, dass sie all die Informationen nicht verstand und überfordert war. Und das Natürlichste der Welt geschah: miteinander klärten sie, wer und wie sie die junge Mutter unterstützen und begleiten konnten in Zukunft. Martin und mir blieb am Schluss nur noch zu sagen, dass genau das, was sie gerade gemacht hatten, ein wesentlicher Teil dieser Treffen ist. Sich kümmern umeinander, sich kümmern um die Menschen und all das Leben an dem Ort, wo man lebt. Sich kümmern um die Welt, denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen Sohn sandte und hingab. Heute sendet er uns.

Dass sich dieses Merkmal so leicht und deutlich zeigte, bereitete uns riesige Freude. Ist es doch gerade der Punkt, der in den Gemeinschaften lange zu schaffen machte. Wir klärten an diesem ersten Abend noch verschiedenes: Wo wollen sie sich treffen? Wie oft? Soll es am Schluss noch etwas zu trinken geben? Sie fanden ihre Weise und die KCG war geboren.

Erste Erfahrungen ihrer Bedeutung

Acht Monate sind seither vergangen und es lebt, dieses noch junge KCG-Kind. Konkret haben sie der jungen Mutter geholfen: zusammen an einem Abend, an dem auch ihre Tochter, die noch nicht getauft war, an das KCG-Treffen mitkam. Wir sprachen über die Taufe und wie das bei uns in der Kirche gemacht wird. Zwei aus der Gemeinschaft wurden Taufpaten und bald schon feierten wir an einem Sonntag in der Familienmesse ihre Taufe. Nach dem Fest meinte der Taufpate zu mir: „Das war für mich so bedeutungsvoll, dass wir sie auf die Taufe vorbereiten und ich jetzt als Taufpate sie begleiten durfte.“ Ich war berührt. Dieser Mann erfuhr durch diese Verantwortung seine Bedeutsamkeit. Zum einen für dieses Mädchen und seine Mutter, gleichzeitig aber auch für die Kirche. Und das scheint mir nicht selbstverständlich.

Die Gemeinschaft wuchs. Eine Frau, ursprünglich aus Brasilien und ein Mann mit afrikanischem Hintergrund stossen dazu. Die Frau meinte: „Wenn es in meiner Nachbarschaft schon einen Ort gibt, wo man in der Bibel liest, will ich da unbedingt hin. In die Kirche habe ich es noch nie gewagt. Ich fahre oft mit der Strassenbahn an ihr vorbei und dachte mir dabei oft, dass ich irgendwann in diese Kirche hineingehen werde. Wer weiss, vielleicht jetzt schon bald.“

Die Sprachenvielfalt dieser Gemeinschaft ist gross. Wir sprechen deshalb hochdeutsch miteinander. Eine Sendung, die ich in diesem  Miteinander wahrnehme, ist die Integrationsarbeit, die sich hier ereignet. Integration war und ist nicht die Absicht, sie geschieht einfach. Ist Folge von diesem Leben. Und so ist das Deutsch der jungen Portugiesin schon bedeutend besser als am Anfang. Und darüber freuen sich alle riesig. Und wie gut tut diese Freude dieser jungen Frau!

Das Gespräch kreiste im Schritt 6 des Bibelteilens immer wieder einmal um einen Mann aus dem Quartier, der nur einen Arm hat und verwahrlost ist. Viele Bewohner dieses Stadtteiles stören sich an ihm. Als Carmen* an einem Sonntag von einem Ausflug nach Hause kam, sah sie ihn auf der Busstation. Schnell übergab sie ihrem Mann den 4jährigen Sohn und sagte, dass sie jetzt zu diesem Mann müsse, um vielleicht mit ihm ins Gespräch zu kommen. Sie setzte sich neben ihn, begrüsste und fragte: „Wie geht es Ihnen?“ Er wendet sich Carmen zu und meint: „Eben nicht so gut. Ich muss bald ins Spital.“ Wie froh sind wir, wenn der Bus kommt und uns mitnimmt. Nur eben jetzt nicht. Der Bus hielt und der Mann stieg ein. Schade. Carmen berichtete uns von diesem Erlebnis und meinte: „Ich bleibe dran. Hoffe, dass ich ihn bald wieder treffe.“

Zum nahegelegenen Durchgangsheim für Flüchtlinge versuchen wir in den kommenden Wochen Kontakt aufzunehmen. Eine Frau, die sich da engagiert, möchten wir einmal in unsere Gemeinschaft einladen. Wir möchten von ihr hören und gleichzeitig ihr unsere Bereitschaft ausdrücken, dass wir da sind und wir uns mit den Ressourcen einbringen, die wir haben. Und dazu gehören u.a. die vielen Sprachen. Andere Ideen sind ein Mittagstisch im Gemeinschaftsraum, wo wir auch unsere KCG-Abende halten, das Genossenschafts-Sommerfest zu beleben oder mit dem mobilen Pizzaofen der Pfarrei in der Siedlung ein Pizzafest organisieren. Im Hören auf Gottes Wort und aufeinander und mit liebevollem und achtsamem Blick in die Welt wird sich zeigen, was hier weiter wachsen will.

 

*Namen wurden geändert; Artikel verfasst von Marianne ReiserJuni 2017; Pfarrei Maria Lourdes ZH-Seebach